Hier geht's zum Download als pdf: Infoblatt Kaninchenhaltung
Mit Grauen erinnere ich mich, wie ich als Kind meine Kaninchen hielt - und das, obwohl ich mich für sehr gut informiert gehalten habe. Bereits als Kind hatte ich alle gängigen Ratgeber über Meerschweinchen, Katzen, Hamster, Wellensittiche, Kaninchen und Co. in meinem Regal stehen, las fleißig und setzte es um. Von artgerechtem Leben war dies aber weit entfernt.
Heute steht genau dieses artgerechte Leben im Fokus, es gibt wunderschönes Equipment, Freilauf ist Grundvoraussetzung und so manche Tierhalter nutzen zur Beschäftigung sogar sehr erfolgreich Clickertraining.
Ist das übertrieben? Hm, letztendlich gibt es doch bei Kindern eine ähnliche Entwicklung. Ich fuhr früher in Autos mit, in welchen es hinten keine Gurte gab und die Erwachsenen rauchten und auf der Fahrt in den Urlaub lag ich mit Bettzeug ohne Gurte auf der Rückbank oder gar der Ablage. Es war normal. Heute braucht man neben dem Gurt einen guten, altersgerechten Kindersitz und Rauchen vor Kindern ist schon lange nicht mehr Usus. Es wird sich viel mehr daran orientiert, was die, die einem anvertraut worden sind, brauchen.
Wo ich mich zum Thema Kindersitz und Co. informiere, ist klar. Aber wo finde ich aktuelle Informationen zum Thema Kaninchenhaltung?
In diesem Infoblatt haben wir Euch alle Informationen, die für ein artgerechtes Leben wichtig sind, zusammengefasst. Am Ende findet Ihr noch eine Liste an Links, die unsere absoluten Favoriten beim Informieren und Shoppen für unsere Hoppler darstellen.
Wer passt nun zu wem? Als besonders harmonisch gilt es oft, wenn das Geschlechterverhältnis 1:1 ist oder es mehr Weibchen als Rammler sind. Aber bei Kaninchen ist das die Theorie und im Leben ist es dann oft wieder anders. Wir sind eher dafür, individuell zu schauen, welche Kaninchen harmonieren könnten, denn es gibt auch viele Rammler, die sehr harmonisch miteinander leben. Grundvoraussetzung ist dazu immer die Kastration, vor allem der Rammler. Unkastrierte Rammler können oft einige Jahre miteinander leben, aber irgendwann rappelt es dann nicht selten ganz böse und die Wohngemeinschaft hat keine Zukunft mehr. Deswegen unbedingt kastrieren lassen.
Wir plädieren auch für die Kastration der Weibchen, unkastrierte Weibchen leiden gar nicht selten irgendwann im Leben an einer Gebärmuttervereiterung und nicht immer geht diese Sache gut aus. Kastriert leben sie auch wesentlich harmonischer miteinander und sind meist viel entspannter, was sich auf die gesamte Gesundheit auswirkt.
Indoor oder Outdoor?
Beides ist möglich. Viele Halter haben extra ein Kaninchenzimmer oder die Tiere leben frei im Wohnbereich, der dann natürlich - was Stromkabel und Co angeht - sehr gut vorbereitet sein muss.
Outdoor benötigen die Tiere ein mardersicheres Gehege und können aber tagsüber - je nach Wohngegend - auch gut im ausbruchsicheren Garten gehalten werden. Klar, lebt man in einer Gegend mit vielen Greifvögeln, etc., sollten die Tiere immer in einem komplett gesicherten Gehege wohnen. Wer den Garten kaninchensicher machen möchte, kann beispielsweise spezielle Steckzäune kaufen, die ein Durchschlüpfen verhindern. Eine Höhe von 80-100 cm ist dabei je nach Kaninchen zu wählen. Am stabilsten und praktischsten sind sog. Welpengitter.
Inzwischen weiß man, dass Kaninchen einen mindestens gleich starken Bewegungsdrang wie Katzen haben. Würden wir Katzen in Käfigen halten? Niemals. Sie brauchen viel Platz. Und zwar so viel Platz, dass sie ihrem natürlichen Bedürfnis nach Hakenschlagen und Sausen nachkommen können. Da sie tag- und nachtaktiv sind, sollten das im Idealfall 6 qm und dazu mehrstündiger Auslauf sein. Das ist nicht immer möglich und manchmal ist es aber trotzdem ein toller Platz für die passenden Kaninchen. Deswegen sprecht uns einfach an und wir überlegen gemeinsam, was passen könnte.
Den Hauptbewegungsdrang haben Kaninchen übrigens morgens und abends, fand man in wissenschaftlichen Studien heraus. So kann man Auslaufzeiten etwas anpassen, wenn dies nötig ist. Die 6 qm beziehen sich auf 2-3 Kaninchen, bei einer größeren Gruppe sollte man auf mindestens 10 qm gehen.
Kaninchen müssen immer mindestens zu zweit gehalten werden, da sie sonst vereinsamen. Der Mensch oder andere Tierarten können einen solchen Partner niemals ersetzen.
Outdoor
Die Außenhaltung von Kaninchen ist im ersten Schritt erst mal sehr aufwändig, hat aber dauerhaft auch sehr viele Vorteile, auch was den Pflegeaufwand betrifft. Die Tiere haben außerdem in der Regel viel mehr Platz und genießen Tageslicht, Sonne und frische Luft.
Für die kalten Monate brauchen Kaninchen eine wetterfeste und isolierte Unterkunft, in die sie sich zurückziehen und aufwärmen können: Ein Schuppen oder ein Gartenhaus, darin gerne mit einem isolierten Stall. So haben die Tiere auch zu dieser Zeit ausreichend Platz, sich geschützt zu bewegen.
Der Außenbereich muss sehr gut gesichert sein. Sicher ist nur Volierendraht (die Drähte sind horizontal und vertikal angeordnet wie ein kariertes Blatt Papier). Volierendraht ist vierpunktverschweißt und gegen Durchbeißen von außen ab einer Stärke von 1,2 mm sicher. Wir empfehlen 1,2 mm oder 1,45 mm. Kükendraht, Hasendraht etc. (der Draht ist wabenförmig bzw. sechseckig) ist nicht sicher! Der Boden ist so anzulegen, dass sich Raubtiere nicht hineingraben können. Entweder wird Gitterdraht unter der Erde verlegt oder beispielsweise mit Bodenplatten gearbeitet.
Bitte auch hier bedenken, dass das Gehege so groß sein muss, dass es nicht nur das Mindestmaß für das schöne Heim bietet, sondern auch der nötige tägliche Freilauf ohne Gefahr durch Fressfeinde möglich ist.
Wir kommen zur artgerechten Einrichtung. Jetzt dürfen sich die eher pragmatisch Veranlagten sowie die geborenen Innenarchitekten austoben. Pro Kaninchen sollte es mindestens ein Häuschen zum Chillen geben. Auch Brücken, Röhren und Unterstände ergänzen die Einrichtung. Die Häuschen sollten zwei Eingänge haben. So haben die Tiere bei einem Konflikt immer die Möglichkeit, hinauslaufen zu können und nicht von anderen Kaninchen in die Ecke gedrängt zu werden. Bitte keine Häuschen mit Fenstern nutzen, sie sind meist ungeeignet, nicht selten bleiben Tiere in den zu kleinen Fenstern stecken. Die Häuschen, Tunnel und Unterstände gerne immer mal wieder umstellen, das schafft für die Tiere Abwechslung.
Für das Heu nutzt man eine Heuraufe. Von den klassischen Heuraufen aus Metall, die an der Wand befestigt werden, raten wir ab. Hier kommt es sehr oft zu Unfällen. Besser sind beispielsweise standfeste Heuraufen aus Holz, die ihr auch in den von uns verlinkten Shops findet. Für das täglich frische Wasser braucht ihr noch Näpfe, Trinkflaschen sind nicht geeignet. Sie sind schwer zu reinigen und die Tiere trinken zu wenig, da das Wasser nur tröpfchenweise herauskommt. Für Futter braucht ihr keine, da das Frischfutter auch gut auf Tontopfunterschalen oder ebenfalls in Heuraufen gereicht werden kann.
Körnerfutter oder Müslimischungen benötigen Kaninchen gar nicht. Es sorgt nur für Krankheiten oder Zahnprobleme. Warum Zahnprobleme? Die Zähne des Kaninchens wachsen immer weiter. Durch Kauen werden sie abgeschliffen und auf einer gesunden Länge gehalten. Gibt man aber Körnerfutter oder beispielsweise viel gut sättigendes Gemüse, kauen die Tiere viel, viel weniger, als es bei Heu, Wiese, Gräsern und Kräutern der Fall ist. Das Ergebnis sind zu lange Zähne, die kostenintensiv beim Tierarzt gekürzt werden müssen und für die Tiere enormen Stress bedeuten. Was benötigen sie also?
Heu: Bekommt ihr überall im Handel, achtet darauf, dass es eine frische Farbe hat. Je grüner, desto lieber essen es die Hoppler. Heu müssen Kaninchen 24/7 zur Verfügung haben und dürfen davon so viel fressen, wie sie wollen. Da der Magen eines Kaninchens nur ein geringes Fassungsvermögen hat und als Stopfmagen kaum Muskulatur hat, ist es wichtig, dass den Kaninchen immer Futter zur Verfügung steht, um die Verdauung aufrechtzuerhalten. Um Vitamine und Co. abzudecken, brauchen Kaninchen täglich Frischfutter.
Kräuter und Blumen:
Dill, Giersch, Gänseblümchen, Kamille, Kapuzinerkresse, Liebstöckel, Löwenzahn, Petersilie, Ringelblumen, Rosenblüten, Sonnenblumen, Wiesengras
Bitte achtet beim Sammeln in der Natur darauf, dass dort nicht gespritzt wurde und es nicht direkt an der Straße wächst..
An Frischfutter könnt ihr folgende Dinge füttern:
Grünkohl, Möhrengrün, Kohlrabiblätter, Chicorée, Eisbergsalat, Endivien, Chinakohl, Spitzkohl, Weißkohl (Achtung: alles, was blähen könnte, ganz langsam anfüttern!)
Als Leckerei immer mal wieder, der Focus sollte aber wirklich auf grünblättriger Ernährung liegen: Fenchel, Gurken, Möhren, Mais, Paprika, Rote Beete, Sellerie, Tomaten
WICHTIG: Bitte immer dran denken: den größten Anteil sollten Heu, Wiese, Kräuter und Bittersalate darstellen, damit die Kaninchen große Massen kauen.
Obst (max. 1-2 Mal pro Woche als Nascherei): Apfel, Aprikose, Banane, Cranberries, Erdbeeren, Hagebutten, Kiwi, Wassermelone
Um die Abnutzung der ständig wachsenden Zähne weiter zu unterstützen, braucht es neben Heu auch frische Zweige. Vom Haselnuss- oder Apfelbaum werden sie beispielsweise sehr gerne angenommen. Kaninchen freuen sich auch über getrocknete Kräuter und Blumen, die ihr auch in einem Shop bestellen könnt.
Um die Tiere zu beschäftigen, könnt ihr Futter so anbringen, dass sie sich recken und strecken müssen, um daran zu kommen. Ihr könnt beispielsweise Frischfutter auf einer Paketschnur aufziehen und diese im Gehege spannen. Oder ihr nutzt Schaschlikspieße und steckt diese, bestückt mit Frischfutter, an Korkröhren. Auch Ziegelsteine lassen sich wunderbar mit Ästen bestücken, auf die ihr das Futter spießen könnt.
Ihr könnt auch Kartons nehmen, die ihr mit Heu befüllt und dazwischen Leckereien, wie ein paar wenige Erbsenflocken oder Sonnenblumenkerne verstecken, so dass die Kaninchen danach suchen müssen. Übrigens, kennt Ihr Clickertraining? Auch mit Kaninchen funktioniert das ganz wunderbar. Im Netz findet ihr noch unzählige weitere Vorschläge, wie ihr den Kaninchen ein aktives Leben bieten könnt.
Einmal wöchentlich sollten alle Tiere gecheckt werden. Das ist in der Regel in wenigen Minuten erledigt und man erkennt dadurch ganz schnell, ob ein Tier erkrankt ist. Neben dem wöchentlichen TÜV, den wir Euch gleich genau erklären, ist es absolut wichtig, die Tiere regelmäßig impfen zu lassen und darauf zu achten, die Impfauffrischungen immer einzuhalten. Was genau geimpft wird, erklärt Euch Eure Tierarztpraxis.
Zurück zum TÜV:
Gewichtskontrolle: Jedes Tier wird gewogen und das Gewicht notiert. Gewichtsschwankungen sind immer ein Hinweis, dem man, vor allem bei Gewichtsabnahme, schnell nachgehen muss.
Zähne: Stehen sie gerade, ist etwas abgebrochen, passt die Länge? Bitte auch den Kiefer auf Verdickungen/Schwellungen abtasten, sodass Zahnprobleme weiter hinten schnell bemerkt werden können.
Nase/Lippen: Grind und Schorf können auf Vitaminmangel hindeuten. Ausfluss aus der Nase bedeutet meist Schnupfen. Eine trockene, freie Nase ist perfekt.
Fell und Haut: Gut auf kahle Stellen und schuppige oder gerötete Haut checken und Verfilzungen beseitigen.
Fellpflege: Vor allem bei Langhaartieren muss hier nach Bedarf gepflegt werden. Kahle oder schuppige Stellen deuten auf Hauterkrankungen hin.
Augen: Klar und leicht hervorstehend, keine Verletzungen.
Ohrenkontrolle: So weit wie möglich in die Ohren gucken, ob Auffälligkeiten bestehen. Besonders bei Widderkaninchen, deren Ohren aufgrund dieser Zucht kaum belüftet sind, können schnell Entzündungen entstehen.
Krallen: Bei Indoorhaltung müssen diese meist regelmäßig gekürzt werden. Eine Steinplatte im Auslauf kann helfen, dass sie sich besser abnutzen.
Geschlechtsregion: Bei einem gesunden Tier ist die Region sauber. Bei Durchfall sollte überlegt werden, ob das falsche oder neu eingeführtes Frischfutter der Auslöser sein könnte. Bei Durchfall, der nichts mit der Futtergabe zu tun hat und der mehrere Tage anhält, sollte der Kot beim Tierarzt untersucht werden.
Atmung: Die Atmung ist bei einem gesunden Kaninchen geräuschlos.
Hier gehen die Meinungen sehr auseinander. Die einen sagen, Kaninchen und Kinder würden gar nicht zusammenpassen, andere schätzen sie gerade sehr für Kinder.
Warum diese gegensätzliche Meinung?
Wir erinnern daran: Kaninchen sind Fluchttiere. Die meisten Kaninchen mögen es gar nicht, auf den Arm genommen und herumgetragen zu werden. Haben eure Kinder aber Freude am Beobachten der Tiere, helfen gerne bei den Reinigungs-arbeiten und lieben es, alles wieder neu für die Kaninchen einzurichten, werden die Tiere und die Kinder sehr viel Freunde aneinander haben.
Aber was können Kinder dann mit Kaninchen machen?
Hier liefert beispielsweise Youtube wirklich grandiose Ideen. Bitte geht einfach auf Youtube und gebt in die Suchmaske “Kaninchen beschäftigen” und “Artgerechte Haltung Kaninchen” ein. Schon findet ihr x Beispiele, was ihr aus Holzdübeln, Pappelsperrholz, Küchenpapierrollen, Ton, Schachteln und Co. basteln könnt. Kinder können sich damit wunderbar beschäftigen, lernen feinmotorisches Geschick, üben handwerkliche Tätigkeiten und sehen, was sie alles bereits bewerkstelligen können.
Link: https://kaninchenwiese.de/
Auch als Podcast zu finden!
Buchtipps:
Zwergkaninchen: So geht es deinen Tieren gut – auswählen – pflegen - verstehen – mit den wichtigsten Dos & Don’ts
Clickertraining für Kaninchen, Meerschweinchen & Co. (Heimtiere)
Futter und Co:
www.gruenhopper-kaninchenfutter.de
www.kaninchenkiste.de
Zubehör:
www.http://meerschweinchendorf.de
www.knastladen.de/Artikelauswahl/Tierbedarf/Fuer-das-Nagetier
Volierenbau: https://www.keeping-life.com/
Für Kinder:
Anna und die Haustiere:
https://www.youtube.com/watch?v=007lL3VH1k8
https://www.youtube.com/watch?v=8AjXBPnrdMU
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