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Gedanken zum Bindungsverhalten


Diesen Artikel schrieb ich vor vielen Jahren. Grad fiel er mir wieder in die Hände und ich finde er paßt immer noch sehr gut! Einen Dank von Herzen an mein inzwischen verstorbenes und unendlich vermisstes Beckserl. Du hast mir so unendlich viel zu dem Thema gelernt....

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"Ein Welpe soll es sein...
Damit er sich noch an mich bindet."

 

So beginnen viele Tierschutz-Telefonate. Der Wunsch nach Hunde- und Katzenkindern ist groß, die Annahme, ein erwachsenes oder gar älteres Tier könne sich nicht mehr binden, stark verbreitet.

Wenn Sie nun denken, ich werde Sie gleich mit Bindungstheorien bei Hunden und Katzen langweilen, weit gefehlt. :-)

Ich möchte Ihnen lediglich ein paar Geschichten erzählen, also bleiben Sie bitte da. ;-)

 

Die erste Geschichte:

Das Telefon klingelte und am Apparat war ein Mann, der berichtete, in seinem Garten taumele seit drei Tagen eine Katze. Er wolle sie nicht anfassen, man wisse nie, was man sich da hole. Wir sollen sofort kommen.

Die Mieze war extrem scheu, abgemagert, dehydriert, übersät von Zecken. Wir riefen unsere Tierärztin wieder mal am späten Abend an, sie fuhr sofort los und wir trafen sie in der Praxis. Lange wurde die Mieze behandelt. Körperlich gesundete sie, aber sie lebte in ihrer Welt, der Verdacht auf einen Gehirntumor wurde immer stärker. Sie erkannte uns oft nicht, vergaß wo Futter und Wasser zu finden waren und biss uns oft.

Es wurde uns irgendwann mitgeteilt, dass sie vielleicht nicht mehr lange zu leben hätte. Wir entschieden, sie nicht mehr zu vermitteln, sondern für die verbleibende Zeit zu behalten, und tauften sie Henriette.

Diese Geschichte ist lange her und nun fragen Sie sich, wie wir den Abschied von Henriette verkrafteten? Mussten wir nicht, denn während ich tippe, liegt Henriette schlafend neben mir auf dem Büroschrank, denn sie liegt immer gerne in meiner Nähe und schimpft, wenn ich mich zu oft von ihr wegbewege.

 

 

Übrigens waren ihre Symptome ab dem Tag, an dem wir beschlossen sie zu behalten, für immer verschwunden.

Wie alt Henriette ist? Keine Ahnung! Ist das wichtig??

 

Die zweite Geschichte:

Ich entdeckte ihr Bild unter vielen anderen von Hunden einer Tötungsstation. Es handelte sich um eine ca. sechs Jahre alte Mischlingshündin. Wir ließen die Hündin aus dem Tötungslager holen und einige Wochen später durfte sie nach München fahren. Ich half an diesem Tag, viele Hunde aus den Boxen zu nehmen, übergab Adoptanten und Pflegestellen ihre Schützlinge und war schwer beschäftigt. Irgendwann tippte mich jemand an und sagte, „dreh Dich mal um, da hinten steht doch Deine neue Pflegehündin“.

Als ich mich umdrehte, stand weiter hinten in einer Gruppe von Zwei- und Vierbeinern angeleint eine Hündin und sah mich an. Als sie merkte, dass ich mich zu ihr umgedreht hatte, stellte sie sich auf die Hinterbeine und machte BITTE, BITTE.

 


 

Abelina hat mir viele Kunststücke beigebracht! :-) Ich sag brav BITTE, BITTE, damit sie ihre Zeichen machen kann. Wenn ich nach Hause komme, sage ich brav GIB MIR FÜNF, damit sie einschlagen kann, und wenn Besuch kommt, sage ich zuverlässig, Abelina TANZ, damit sie sich drehen kann. Ich habe ihr nichts von alledem beigebracht, sie hat mir lediglich gelernt, was ich passend zu ihren Kunststücken sagen soll.

Ob ich sie oder sie mich adoptiert hat? Keine Ahnung. Ist das wichtig??

 

Die dritte Geschichte:

Sie kam als Notfall aus Spanien und war extrem scheu. Die erste Zeit verbrachte sie unter unseren Wohnzimmertisch. Wollte man sie berühren, biss sie in ihrer Not zu. Mit ihren weißen Locken sieht sie ja schon etwas tussig aus und so bekam sie von einer Teamkollegin den Namen Becky. Der Name war aber etwas zu lieb für eine Hündin, die allem in den Nacken sprang und zubiss, was sich ihr in den Weg stellte. So wurde aus Becky die Beckinger.

Irgendwann beschloss die kleine Hündin, dass sie mir vertrauen wolle. Ich durfte sie anfassen, anleinen und mit ihr kuscheln. Ihre Welt war in Ordnung, wenn ich da war. Andere Personen im Haus wollte sie nicht dulden, biss, fletschte, knurrte. Kam ich nach Hause, war ihre Welt in Ordnung, was auch heute noch so ist.

Adoptieren wollte ich sie nicht, ich hoffte, dass irgendwann noch andere Menschen in ihrem Herzen Platz haben würden. Ich fuhr für eine Woche nach Spanien. In dieser Zeit war sie sehr unglücklich und die kleine Hündin, die vorher gelernt hatte, glucksend laut zu lachen, wurde still....

Als ich zurück kam, tanzte sie, alles war in Ordnung.

Aber was tun? Ich wollte doch immer einen großen schwarzen Hund adoptieren.... Aber als ihr Lachen wieder kam, als ich wieder zuhause war, war alles klar. Beckinger war mein großer schwarzer Hund.

 


 

Beckinger ist nicht einfach, fast blind, sie leidet an Epilepsie und hatte zwei Bandscheibenvorfälle.

Neulich schrieb mir Micha aus unserem Team: Schau dir Beckinger an, die ohne Dich weder existieren will noch kann.

Beckinger war ca. 6 Jahre, als sie zu uns kam, und wir beide haben uns versprochen FÜR IMMER.

Warum ich von meinem Wunsch nach einem großen schwarzen Hund abkam? Keine Ahnung, ist das wichtig??

 

Die vierte Geschichte:

Es war einmal ein Wurf von Katzenkindern, die wir in Pflege nahmen. Alle sehr jung, sehr scheu und von einer wild lebenden Mama. Sie spuckten und kratzen, sobald wir sie anfassen wollten. Alle wurden irgendwann zutraulich und wurden vermittelt, nur einer nicht: Kater Samuel. Die Menschen fanden ihn hässlich, niemand wollte ihn. Er hatte damals keine Haare auf den Ohren und seine Ohren waren als Baby schon so groß wie bei erwachsenen Katzen.

Er wuchs gemeinsam hier mit Kater Timothy auf, der zusammen mit seiner Mama und seinen Geschwistern zu uns kam. Er war bereits sehr zutraulich. Da er aber eine chronische Darmkrankheit hatte, wurde auch er nicht vermittelt und durfte bleiben. Eh schon als der Superschmuser war er bereits in unseren Herzen.

 

 

 

Heute ist der ehemals scheue Kater Samuel der Buddhist, der nur mit seiner Familie glücklich und allen neuen ängstlichen Pfleglingen eine enorme Stütze ist.

Timothy, das zutrauliche Katzenkind, hat sich eher zu einem unabhängigen, freiheitsliebenden Kater entwickelt, der unser Haus lediglich als kuscheligen Schlafplatz ansieht.

Warum sich die beiden Kater so unterschiedlich entwickelt haben? Keine Ahnung, ist das wichtig??

 

Die fünfte Geschichte:

Diese Geschichte handelt von der magischen Luise. Ich traf sie in Spanien in einem Zwinger in der Auffangstation. Erst nahm sie keinen Kontakt auf. Plötzlich stand sie vor mir, stellte ihre kleinen Vorderbeine auf meine Beine und sah mich lange an. Irgendwas passierte zwischen uns. Ich hatte die kleine schwer kranke Hündin in diesem Moment ins Herz geschlossen. Ich organisierte, dass sie kurz nach mir abreisen und ich sie wenige Tage später in München am Flughafen abholen konnte.

Sie war schwanger, brachte in den Armen von Andreas ihre Kinder auf die Welt und wurde hier langsam gesund.

Luise war zu diesem Zeitpunkt sieben Jahre alt, krank und im Wesen sehr dominant. Wir hatten so viel mit ihr gemeinsam gekämpft und überstanden. Wir konnten sie nicht mehr vermitteln und adoptierten sie.

 

 

Wie sie sich damals im spanischen Zwinger in mein Herz schlich? Keine Ahnung, da müssen Sie Luise fragen. Aber, ist das wichtig??

 

Die sechste Geschichte:

Wir entdeckten Milou auf einem Foto einer spanischen Tierschutzorganisation. Es wurde dringend eine Pflegestelle gesucht, denn er brauchte schnell tierärztliche Versorgung und ein warmes, trockenes Zuhause. Es bestand die Befürchtung, dass er sonst nicht überleben würde. Wir hatten damals keine Hundeerfahrung und wollten auch keinen Hund. Aber irgendwie hatten wir das Gefühl, ihm helfen zu müssen. Also schrieben wir hin und nahmen kurz darauf Milou in Pflege, um sein Leben zu retten.

Er wollte unseres leider nicht retten, sondern eher im Gegenteil! Wir ließen Hundetrainerinnen kommen, konsultierten Tierärztinnen und Tierschützer. Jeder meinte, man müsse ihn vielleicht sogar einschläfern, oder nur ein Gnadenhof könne helfen. Aber wir wollten nicht aufgeben, das war auch damals schon nicht unsere Philosophie. Denn irgendjemand hatte etwas falsch gemacht, sonst wäre Milou, der zuckersüß aussehende Amerikanische Cocker, nie so geworden, da waren wir uns sicher. Als unser Umfeld merkte, dass wir für ihn kämpfen wollten, kamen tausend gute Ratschläge, meist „Ihr müsst ihm mal richtig Bescheid sagen“. Wir hatten keine Ahnung von Hunden und konnten keine Argumente bringen, dass das falsch bei Hunden sei. Aber wir spürten, dass das falsch für Milou war. Wir belegten viele Workshops für Hundetrainer, lasen Bücher und suchten nach einer Hundetrainerin, die uns und Milou verstand. Wir fanden sie und wir haben durch Milou so unendlich viel gelernt. Er hat unseren Tierschutzweg für weitere Hunde geebnet und wir danken ihm hierfür. Er kam als Aufgabe zu uns, die nicht einfach war. Es gab Momente des Zweifelns und der Verzweiflung, der Angst und des Frustes.

 


 

Wir drei gingen einen steinigen Weg und Andreas, der eigentlich nie einen Hund haben wollte, erkannte Milous Potential. Wenn man heute Andreas fragt, was Milou für ihn bedeutet, sagt er ganz klar: „ Milou ist mein bester Freund und macht mich glücklich!“. Er würde für seinen Hund alles tun, nimmt viele Einschränkungen hin, trainiert mit ihm seit Jahren und freut sich über jeden Erfolg. Milou liebt Andreas und ohne seinen „Papa“ ist seine Welt aus den Fugen.

Wie alt Milou ist? Keine Ahnung, ist das wichtig??

 

Noch mehr Geschichten? Ich verschone sie....

Ach ja, wir tauschten uns ursprünglich über das Bindungsverhalten erwachsener Tiere aus. Bin ich noch eine Antwort schuldig? Wenn Sie meinen Ja, dann lesen Sie einfach noch einmal alles ganz in Ruhe von vorne.:-))))

Viele liebe Grüsse,
Tina Seufert

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